Eingangshalle und Salon

...

Lucia wartete schon auf ihre Eltern und ihre Schwester, doch sie versuchte, sich ihre Ungeduld nicht anmerken zu lassen. Sie wippte mit dem Fuß und sah hoch. Ihre Schwester war noch immer nicht in der Eingangshalle, dabei hasste Lucia es doch, zu spät zu kommen - außer natürlich zu Parties und Dates, da ziemte es sich schließlich so. "Cassy!", rief das Mädchen laut. "Cassy! Wo steckst du?", rief se ein klein wenig genervt und verdrehte die Augen

Nachdem Cassiopeia sich zwei Mal die Haare gewaschen hatte - beim ersten Mal fielen sie einfach nicht richtig - sich geschminkt und dreimal umgezogen hatte, war sie eigentlich fertig für den üblichen Besuch in der Winkelgasse. Ihre Mutter würde bestimmt nicht begeistert von diesem Kleid sein, aber die älteste Tochter der Blacks wollte auf jeden Fall gesehen werden. Und sie nutzte dafür jeden Tag aus, an dem sie noch nicht an die ätzende Schuluniform von Hogwarts gefesselt war so gut aus, wie es eben ging.
Nachdem sie noch ein paar Minuten vor ihrem Schuhschrank verbracht und sich letzen Endes für ihre hochhackigen Riemchensandalen entschieden hatte, kam sie die Treppe in die Eingangshalle herunter.
Natürlich würde Lucia schon da sein, denn das Mädchen war einfach immer Überpünktlich. Bevor Cassiopeia in Sichtweite war, hörte sie es auch schon...
Cassy!
"Cassiopeia", korriegierte sie leise. Sie hatte keine wirkliche Chance, ihren albernen Spitznamen loszuwerden, aber das hieß ja noch nicht, dass sie sich deshalb damit anfreunden musst.
Und schon wieder...
Cassy, wo steckst du?
"Cassiopeia", sagte sie dieses Mal lauter, genau in dem Moment, als sie um die Ecke bog.
"Ich bin schon fertig. Und dir hätte es auch gut getan, noch ein bisschen länger im Bad zu bleiben, statt hier herumzubrüllen..."
Niemand konnte sagen, dass Cassiopeia Black besonders freundlich war, wenn sie nicht gerade beschlossen hatte, dass jemand sie mögen sollte. Und an ihrer kleinen Schwester herumzukritteln war immer eine gute Möglichkeit, die schlechte Laune loszuwerden, die ihre widerspenstigen Haare ihr beschert hatten.

Lucia hatte den Ruf nach ihrer Schwester kaum beendet, als auch schon eine schlecht gelaunte Cassiopeia um die Ecke bog, die Lucia noch korrigierte, denn Lucy nannte ihre Schwester im Grunde immer Cassy, was Cassiopeia ganz und gar nicht gefallen wollte. Ein leises Lächeln schlich sich auf Lucias Lippen, doch es blieb nicht lange, denn als das Mädchen sich anhören musste, auch es selbst hätte wohl besser mehr Zeit im Bad verbracht, wurde es eher wütend. Es verschränkte die Arme. "Was willst du denn damit wieder sagen?", zischte es seine Schwester an.
'Wenigstens sehe ich nicht aus, als hätte ich in eine Steckdose gepackt', dachte es kurz darauf, aber es wagte nicht, diesen Satz auszusprechen. Es zog einen Spiegel aus der Handtasche, die es immer bei sich trug, und betrachtete sich. "Meine Haare sitzen, mein Make-up sitzt. Was willst du?", meinte das Mädchen dann noch und warf sich die Haare mit einer raschen Kopfbewegung nach hinten

Wo ihr Problem war? Man brauchte Lucia doch nur dabei zuzusehen, wie sie ihre Haare nach hinten warf. Wie etwa hunderttausend andere Mädchen. Natürlich hatte Lucia entsprechend teure Klamotten und alles, aber trotzdem sah sie gerade einfach irgendwie durchschnittlich. Und durchschnittlich war kein Wort, das zur Familie Black passen konnte.
Aber es hatte keinen Sinn, darüber zu streiten. Über Mode ließ sich einfach nicht diskutieren... Und außerdem wollte sie jetzt eigentlich ganz viel Östrogen beim Shoppen ausschütten und ihren Frust über die langweiligen Ferien vergessen.
"Ach, vergiss es... Lass uns einfach shoppen gehen", erklärte sie also. Sie würden schon von genug Leuten gesehen werden, wenn sie so in der Winkelgasse auftauchten.
"Hast du alles dabei? Schulbuchliste und so weiter?", fragte sie dann nach. Irgendwie war es ihr schon längst in Fleisch und Blut übergegangen, ihre kleinen Geschwister ein wenig zu bemuttern. Immerhin war sie die Älteste und außerdem wesentlich besser in der Lage, die beiden zu beschützen, als Lucia und Aldebaran selbst.

Lucia biss sich auf die Lippe, um nicht sofort die nächste Bemerkung loszuwerden. Sie wollte wirklich keinen Streit mit ihrer Schwester, denn sie wusste, wie Cassiopeia sein konnte, wenn sie nur wollte. Ihre Schwester zu erleben, wenn sie erst einmal wütend war - das war ein Erlebnis, was Lucia keinem wünschen würde. Nicht, dass Cassy an sich ein böser Mensch wäre - das dachte Lucia nicht -, aber sie hatte sowohl verbal als auch magisch die Fähigkeiten, anderen Menschen ihre Wut zu vermitteln. "Natürlich hab ich die Liste eingepackt!", sagte Lucia ein klein wenig genervt und prüfte beinahe panisch in eben diesem Moment, ob sie die Liste auch wirklich dabei hatte. Sie hatte. "Okay, dann shoppen wir mal!", meinte Lucia noch und wartete darauf zu erfahren, wie ihre Schwester zu reisen gedachte. Sie tippte auf Flohpulver

Oh ja, Lucia war ja so unglaublich selbstständig und erwachsen. Erstmal versichern, dass sie die Liste dabeihatte, und sich dann doch nicht sicher sein. Sie musste wieder einmal nachsichtig über ihre kleine Schwester lächeln. Wie gut, dass sie noch auf Lucia aufpassen konnte. Wenn sie mit vierzehn noch so kindlich gewesen wäre, hätte sie bestimmt einige Probleme in Hogwarts bekommen.
"Super, dann lass uns Mal gehen", erwiderte sie und drehte sich zur Eingangstür von Black Manor. Immerhin war sie jetzt 17 und konnte dementsprechend nicht nur in den Ferien zaubern, sondern auch apparieren. Und sie hatte bisher noch keine Gelegenheit gehabt, jemanden per Seit-an-Seit-Apparieren mitzunehmen, was sie dringend Mal ausprobieren wollte.
Natürlich brauchte Lucia sich keine Sorgen zu machen - Cassiopeia wusste, was sie tat und theoretisch war es kinderleicht, jemanden mitzunehmen, wenn Man einmal apparieren konnt.

Lucia bemerkte sofort, dass Cassy sich nicht auf den Weg zum Kamin, sondern zur Tür machte. Auf den Gedanken, Cassy könnte vielleicht zu Fuß gehen wollte, kam das Mädchen erst gar nicht. Cassy war eher der Typ Mensch, der für jede Kleinigkeit Magie benutzte. Aber dem Mädchen wollte auch keine andere Möglichkeit einfallen, zur Winkelgasse zu kommen, weshalb sie nur einen Unschuldsblick aufsetzte und mit großen Augen fragte: "Nehmen wir nicht Flohpulver?"
Diese Frage zeigte nicht unbedingt, dass das Mädchen sich unsicher war, was Lucia ausnehmend gut gefiel

Cassiopeia bemerkte überrascht, dass Lucia ihr nicht folgt und gerade als sie sich wieder zu dem Mädchen umdrehte, fragte ihre Schwester mit ihrem Hundeblick fragte, was Cassy eigentlich vorhatte.
"Weißt du Lucia, ich bin inzwischen 17, und apparieren ist doch wesentlich stilechter als aus einem Kamin aufzutauchen, findest du nicht?", erklärte sie lächelnd.
Es war ja nicht so, als würde sie sich an das dumme Gesetz halten, dass die Zauberei Minderjähriger verbot - schließlich konnte das Ministerium nur feststellen, dass jemand in Black Manor zauberte und im Zweifelsfall waren das eben ihre Eltern. Immerhin bildete sie ihr Vater sie in den Ferien zur Schwarzmagierin aus, und das funktionierte wohl kaum, wenn man nur bei der Theorie blieb.
Aber in der Öffentlichkeit war es doch zu riskant, erwischt zu werden. Volljährig sein war eben herrlich!
"Also, kommst du, oder willst du da Wurzeln schlagen?"
Auf die Idee, dass Lucia ihr nicht zutrauen könnte und Angst hatte, von ihrer Schwester aus Versehen zersplintert zu werden, kam sie erst gar nicht. Sie war eine wirklich gute Hexe, dass wusste sie und Lucia wusste das schließlich auch.

Lucia war es anscheinend anzusehen, dass sie verwirrt gewesen war. Das Mädchen verfluchte sich dafür. Eigentlich war sie eine ganz passable Schauspielerin, aber Cassiopeia war ihre Schwester und anscheinend konnte sie sie deswegen nicht täuschen. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass Cassy beinahe jede Art von Lüge durchschauen konnte, da war Lucia sich nicht sicher.
Cassy erklärte nun, es sei wesentlich stilvoller, einfach aufzutauchen als aus einem Kamin zu stapfen. Lucia gab ihr im Geheimen Recht. Sie hatte den Schmutz an ihrer Kleidung nie gemocht. "Nun gut... aber ich hab keine Lust zu zersplintern!", murrte Lucia noch, ehe sie sich hinter Cassy her auf den Weg zur Tür machte. Black Mannor war natürlich appariergeschützt

"Willst du mich beleidigen?", fragte Cassiopeia, allerdings mit einem Lächeln auf den Lippen, das deutlich machte, dass sie ihre Schwester eigentlich nur aufzog.
"Ich weiß schon, was ich tue, sonst hätte ich diese lächerliche Prüfung schlißlich nicht bestanden. Und im Grunde ist es sowieso einfach. Eigentlich könntest du es bestimmt auch schon, wenn du üben würdes, das Ministerium macht da einfach zu viel Stress", behauptete die älteste Black-Tochter überzeugt.
Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und verließ Black Manor.

tbc: Vor dem Manor

Lucia blickte ihre Schwester fast ein wenig belustigt an, als diese nun fragte, ob Lucia sie vielleicht beleidigen wollte. Normalerweise würde das Mädchen sich nach so einer Frage in Acht nehmen - man wusste nie, was Cassy so tun würde -, aber sobald sie das Lächeln ihrer Schwester bemerkte, wusste sie, dass es im Grunde nicht ernst gemeint war. Lucia lauschte den Worten ihrer Schwester noch, mit denen ihr erklärt wurde, selbst sie würde die Apparierprüfung jetzt schon abschließen können, wenn sie nur ein wenig üben würde. In Gedanken war Lucia schon in der Winkelgasse und in den Geschäften, aber das sollte sie Cassy wohl lieber nicht zeigen. Lucia entschied sich, ihrer Schwester einfach nur zu folgen

tbc: Vor dem Mannor